Im März hatte ich „the beggar“ bereits angekündigt. Es ist wieder einmal ein irrwitziges Monster von Platte geworden. Der Reihe nach: Das zweite Vorabstück „los angeles: city of death“ geht einen ganz überraschenden Weg, erinnert es doch an die gewöhnlichen Songstrukturen, wie man sie bei den „Swans“ Anfang der 90er kannte. Bei dem Backgroundgesang meint man gar, Jarboe wieder zu hören. Überhaupt nähert sich Michael Gira, der „the beggar“ in der Isolation der Corona Zeit geschrieben und dann mit Freunden in Berlin aufgenommen hat, der poppigen Phase der „Swans“ wieder an. Ansonsten regiert die Vielfalt. Einmal hören wir ein orchestral-cineastische Klänge („michael is done“), direkt danach folgend mit „unforming“ ein düster-reduziertes Stück, das an die Solo Werke von Gira erinnert. Das Titelstück baut über zehn Minuten eine schwerlich auszuhaltende Spannung auf, die sich in dem beinahe positiven „no more of this“ auflöst. „Ebbing“ könnt mit seinem schwelgerischen Sound wieder aus dem 90er Werk der Band stammen. Der Höhepunkt des Albums dürfte „the beggar lover (three)“ sein. Ein 43-minütiger(!) Monolith von einem Song. Hier passiert so Einiges. Orchestrales Chaos, archaisch brodelnde Klänge, dissonante Synthies mit Streichern, die sich in einem repetetiv-krautigen Track auflösen. Die Sounds steigern sich, nur um dann von Stimmenflächen abgelöst zu werden. Wieder undefinierbares Chaos. Dann Flächen, Akustikgitarre, Stimmenwand, Pauken – Zusammenbruch. Versöhnliche Bandklänge zum Schluss. Das muss man gehört haben! Tatsächlich ist es Michael Gira mit seinen „Swans“ auf dem neuen Album gelungen, wieder anders zu klingen. Gleichzeitig aber auch vertraut. Einzig der Irrsinn bleibt immer! Großartiges Album!
Einziger Wehmutstropfen: Anders als bei dem Album „the seer“, wo sich ein halbstündiger Track durchaus auf der Vinylversion wiederfand, umfasst die von „the beggar“ „nur“ zwei LPs. „the beggar love (three)“ wird leider nur als Download mitgeliefert.
(vk)