Die Berliner Band „Deep Heavy Fear“ hat eine seltsame Veröffentlichungspolitik. Vor zwei Jahren überzeugten sie mit ihrer Debüt 12″, die zwei Titel umfasste. Nun legen sie mit einer weiteren 12″ nach – wieder mit nur zwei Stücken. „doorway“ schließt dabei nahtlos an seinen Vorgänger an. Etwas artifizieller Synthpop mit 80er Einschlag, ohne klassischer 80er Synthpop zu sein. Beide Platten sind im Eigenvertrieb erschienen und auf ihrer Bandcamp Seite erhältlich. Schön dabei sind die selbst erstellten, individuellen Cover. So macht nicht nur die Musik Spaß!
„New Labour“ kommen aus Australien und haben offenbar eine ausgeprägte Affinität für die 80er Jahre. Die älteren Stücke klingen etwas wie frühe „Simple Minds“, „The Sound“ und auch mal nach „New Order“. Eine vortreffliche Auswahl an Referenzen! Die neueren Stücke sind synthielastiger und poppiger. Auch das macht die Band sehr überzeugend. Die digitale Zusammenstellung „shall we pray, dear?“ aus dem letzten Jahr gibt es zum name your price. Die neueren Stücke sind zwar nicht kostenfrei, aber günstig. Sehr lohnenswerte Entdeckung dank Jeff! Hoffentlich gibt es hier bald einen Tonträger!
Vier Jahre hat sich das französische Duo „Lovataraxx“ Zeit für sein zweites Album gelassen. Im April erscheint „sophomore“. Bislang gibt es auf der Bandcamp Seite zwei Stücke zu hören, die die Vermutung nahe legen, dass sich die beiden von ihren Postpunk Elementen verabschiedet und dem Cold Wave weiter zugewandt haben. Das erinnert ein wenig an „Minuit Machine“, funktioniert aber ausgesprochen gut. Hoffentlich können sie das Niveau auf Albumlänge halten.
Neues vom Hamburger Konstantin Unwohl. Wo er gerade mal nicht mit „Ernst Leben“ unterwegs ist, widmet er sich drei Jahre nach dem letzten Album wieder seinen Solo Wegen. Ein neues Label hat er nun auch: Tapete. Gerade wurde der erste Song in dieser neuen Verbindung veröffentlicht. „hoch auf dem gelben wagen“ ist nach wie vor typisch Konstantin Unwohl. Allerdings kommt der Song ausgesprochen poppig daher. Aber: Nicht ohne mit einem ungewöhnlichen Songaufbau für Verwirrung zu sorgen.
„Dome“ war das Projekt von Graham Lewis und Bruce Gilbert – beide Gründungsmitglieder der legendären Band „Wire“. Als sie 1980 „Wire“ verließen, suchten die beiden neue Wege und fanden sie im Experiment. Zwar hört man bei „Dome“ bei einigen Stücken die alte Band heraus. Bei den meisten aber brechen sie gängige Strukturen auf und nähern sich da eher Bands wie „Psychic TV“ an. Wieso das Duo aber nie den legendären Ruf erreichen konnten wie andere in jener Zeit, werden wir wohl nie erfahren. Jedenfalls sind die ersten drei „Dome“ Alben nun gerade wieder als LPs erschienen.
Kyle Avallone aus New York hat Ende des letzten Jahres eher unbemerkt sein zweites Album „crazy dreams“ veröffentlicht. Dabei verdient er unbedingt Beachtung; denn seine Musik klingt zwar nicht neu, weckt aber etliche äußerst angenehme Assoziationen: Von Rowland S. Howard über den Twin Peaks Soundtrack bis hin zu ein wenig „Stranglers“ oder auch Country. Und über allem schwebt eine diffuse Melancholie.
Ende 2020 ploppten „Kühle Matrosen“ wie aus dem Nichts auf und lieferten beinahe beiläufig eines der besten Alben des Jahres ab! Seither ist einiges passiert. Und so bestreitet das Hamburger Ein-Mann-Projekt genau heute seinen ersten Live Auftritt auf dem legendären Kernkrach Festival. Im Gepäck hat der Matrose das neue Album „tanz neue zeit“. Im Vergleich zum Debüt hat sich hier eine ganze Menge getan. Heute steht er zur neuen Zeit – wie der Titel ja schon andeutet. Gleichzeitig nimmt (Underground)NDW einen zentralen Raum in der Musik ein. Die Referenz klingt aber nie verstaubt, sondern stets aufregend frisch. Es wird in Deutsch und Französisch gesungen. Beides klappt vorzüglich. Bisweilen wird gar nicht gesungen. Sprachsamples bieten dann Ersatz. Wie in „erschießen und alle umlegen“ hört sich das dann nach Tape Musik der frühen 80er an. In „wir sind kühl“ wird unterhaltsam ein Interview mit dem Formel Eins Moderator Peter Illmann gefaked. Bei „wirklichkeit“ gibt sich der Matrose überraschend modern – sogar mit Autotune. Am stärksten ist das Album jedoch, wenn es echte Hits präsentiert und da gibt es einige! „la nuit arrive“, „wir sind die neuen“ und vor allem „die ganze nacht“ sind großartige Stücke, die wir sicher oft auf dem Floor zu hören bekommen werden. Gerade „die ganze nacht“ ist ein Song für die Ewigkeit und verpflichtet allein deswegen schon zum Kauf! Glaubt mir: „tanz neue zeit“ ist jetzt schon ein Album für die Jahres Top 5!
Ganze sieben Jahre seit dem letzten Album sind ins Land gegangen. Nun hat das Seiten- Projekt von Werner Karloff „Neue Strassen“ mit „last days“ auf Young & Cold sein zweites reguläres Album veröffentlicht (digital jetzt, die LP folgt im Juni). Das hört sich in etwa so an, wie man sich das vorstellt: Werner Karloffs treibender Neo Minimal verbindet sich gekonnt mit einer wavigen Gitarre. Allerdings gelingt das heute deutlich homogener als noch auf dem Debüt „moderne zeiten„.
Bereits aus dem Jahr 2022 stammt „deutsch funk revolte“ der Berliner Band „ÖPNV“. Das Album war das Debüt und ist ausgesprochen spannend. Zwar machen sie Postpunk im weitesten Sinne. Aber ihre Musik wirkt elektronisch, obwohl sie mit Bass und Schlagzeug eingespielt wurde. Klassischer Früh 80er Tape Sound meets „Grauzone“ und „DAF“. Das ist nur ein Beschreibungsversuch. Hört Euch das an! „deutsch funk revolte“ ist wirklich aufregend und verdient unbedingt Beachtung! Danke an den Kollegen Matthias von Modus Synth für diesen Tipp!
Die französische Band „SS20“ war nur 1982-82 aktiv. Damals veröffentlichten sie vereinzelt Tracks auf Tape Compilations. Gerade ist auf Minimalkombinat eine 4-Track Ep mit Stücken von damals erschienen. Wenn man weiß, dass das Trio nicht nur aus demselben Ort, sondern aus dem direkten Umfeld von „Guerre Froide“ stammt, weiß man auch schon, wie sich das anhört; denn die vier Stücke könnten man auch problemlos für frühe „Guerre Froide“ Werke halten. Typischer französischer Post Punk mit viel Druck und Dringlichkeit.