Die US-Band „Code Industry“ war von 1990-92 aktiv. Musikalisch orientierte sie sich an belgischem EBM und New Beat. Das gelang ihnen offenbar so gut, dass einige Relases inzwischen gesucht sind. So auch die 12″ „structure„. Die wird nun von Dark Entries dankenswerterweise wiederveröffentlicht! Da freut sich der Dancefloor!
„Constantine“ aus Chicago wusste 2015 und 2020 mit zwei wunderbar schönen Hippie Folk Alben zu verzaubern. Nun ist er mit dem selbst veröffentlichten „fables“ zurück und gibt sich merklich reduziert. Die Stücke bestehen im Wesentlichen aus Gesang mit Akustikgitarre – ergänzt mal durch eine Flöte oder mal durch ein paar Streicher. Passend zur Sommerzeit kann man sich die Stücke wunderbar am nächtlichen Feuer im Sommer vorgetragen vorstellen. Hippie Folk ganz so, wie man es von etlichen Liedermacher*innen aus den späten 60ern und 70ern kennt. Leider gibt es bislang nur eine CD. Aber: Der Download findet sich kostenfrei auf der bandcamp Seite.
Eine weitere Wiederveröffentlichung kommt von den Briten „And Also The Trees“. Das Live Album „the evening of the 24th“ erschien 1987 und dürfte aufgrund seiner Intensität sicher eines der besten Alben der Band überhaupt sein. Nun ist es gar nicht schwierig, ein Exemplar der LP zu bekommen. Deswegen konzentrieren sich „And Also The Trees“ bei der Wiederveröffentlichung auch auf die Formate CD und Download. Eigentlich nichts Besonderes, wenn die Neuauflage nicht um gleich vier starke Stücke erweitert worden wäre. Das lohnt auf jeden Fall ein Reinhören… Highlight das Albums bleibt für mich aber:
Da tut sich ja Einiges bei der britischen Band „Cranes“ um Sängerin Alison Shaw. Nach der Ankündigung von Konzerten und der gerade erschienenen Peel Sessions EP, erscheint im Juli die 1996 ursprünglich veröffentlichte Vertonung von Jean-Paul Sartres „les mouches“ erstmals auf Vinyl. Alison Shaw spricht hier mehr Texte, als dass sie singt. Insgesamt hat das Album experimentellen Charakter. Dennoch gute Nachrichten, dass sich wieder etwas bei den „Cranes“ tut!
Im März hatte ich „the beggar“ bereits angekündigt. Es ist wieder einmal ein irrwitziges Monster von Platte geworden. Der Reihe nach: Das zweite Vorabstück „los angeles: city of death“ geht einen ganz überraschenden Weg, erinnert es doch an die gewöhnlichen Songstrukturen, wie man sie bei den „Swans“ Anfang der 90er kannte. Bei dem Backgroundgesang meint man gar, Jarboe wieder zu hören. Überhaupt nähert sich Michael Gira, der „the beggar“ in der Isolation der Corona Zeit geschrieben und dann mit Freunden in Berlin aufgenommen hat, der poppigen Phase der „Swans“ wieder an. Ansonsten regiert die Vielfalt. Einmal hören wir ein orchestral-cineastische Klänge („michael is done“), direkt danach folgend mit „unforming“ ein düster-reduziertes Stück, das an die Solo Werke von Gira erinnert. Das Titelstück baut über zehn Minuten eine schwerlich auszuhaltende Spannung auf, die sich in dem beinahe positiven „no more of this“ auflöst. „Ebbing“ könnt mit seinem schwelgerischen Sound wieder aus dem 90er Werk der Band stammen. Der Höhepunkt des Albums dürfte „the beggar lover (three)“ sein. Ein 43-minütiger(!) Monolith von einem Song. Hier passiert so Einiges. Orchestrales Chaos, archaisch brodelnde Klänge, dissonante Synthies mit Streichern, die sich in einem repetetiv-krautigen Track auflösen. Die Sounds steigern sich, nur um dann von Stimmenflächen abgelöst zu werden. Wieder undefinierbares Chaos. Dann Flächen, Akustikgitarre, Stimmenwand, Pauken – Zusammenbruch. Versöhnliche Bandklänge zum Schluss. Das muss man gehört haben! Tatsächlich ist es Michael Gira mit seinen „Swans“ auf dem neuen Album gelungen, wieder anders zu klingen. Gleichzeitig aber auch vertraut. Einzig der Irrsinn bleibt immer! Großartiges Album!
Einziger Wehmutstropfen: Anders als bei dem Album „the seer“, wo sich ein halbstündiger Track durchaus auf der Vinylversion wiederfand, umfasst die von „the beggar“ „nur“ zwei LPs. „the beggar love (three)“ wird leider nur als Download mitgeliefert.
Die norwegische Band „Motorpsycho“ ist nun schon über 30 Jahre aktiv. In der Zeit haben sie gefühlt alles, was im Rahmen eines Rockbandkonzeptes so möglich ist, ausprobiert. Metal, Jazz, Indie, Pop, Experimentelles. Die Band hat ein Output, der mich immer abgeschreckt hat. Daher habe ich mich nie intensiv mit ihnen auseinandergesetzt. Zu erschlagend erschien mir das Œuvre. Einzelne Alben blieben aber immer hängen. Wie etwa das monumentale Werk „the death defying unicorn“, das sich unbeschreiblich zwischen Rock, Stoner, Orchester, Pop und Jazz bewegt und einen einfach nur beeindruckt. Darum soll es hier aber nicht gehen, sondern um das neue Album „yay!“, das mich aus ganz anderen Gründen gepackt hat: „Motorpsycho“ scheinen inzwischen nur noch ein Duo zu sein. Das hat die beiden dazu veranlasst, auch den Bandsound zu reduzieren. Die Stücke sind in weiten Teilen akustisch eingespielt und überraschend (sunshine-)poppig. Die feinen Melodien erinnern gern mal an die „Flaming Lips“. Es wechseln reduzierte Stücke nur mit Akustikgitarre gespielt mit opulenten Popwerken ab. „yay!“ ist ein entspannter Trip zwischen Folk, Country und Sunshinepop. Wunderbar!
Der Leipziger „нат.аша“ (Natascha) kündigte gerade sein neues Album für August an. Das zehn Stücke umfassende Album scheint noch gar nicht ganz fertig zu sein. Oder die verschieden vielen Fragezeichen bei sechs der Tracks sollen die Titel sein? Man weiß es nicht, aber wir werden es dann wohl bis August erfahren, wenn „liebeskreis“ als diy-CDr und digital erscheint. Bislang können auf der Bandcamp Seite zwei Stücke angehört werden. Hier entfernt sich „нат.аша“ weiter vom verträumten Depri-Wave und hantiert mit moderneren Sounds und wird bei „ka.wael“ clublastig. Wenn das Album hält, was die beiden Tracks versprechen, wird das ein super Album! Ganz bestimmt!
„Bukowski Band“ kamen aus Belgrad und existierten nur von 1985-1986. Sie veröffentlichten damals ein einziges Tape, von dem nur noch ein Exemplar zu existieren scheint. Das feine Label Minimalkombinat hat nun eine LP mit CD veröffentlicht, die dieses Tape enthält und sich wohl schon allein für den Minimal Knaller „tuzan dan“ und die (instrumentale) Coversion von „Depeche Mode“s „photographic“ lohnt. Als wären diese vier Tracks nicht genug, hat die Band im letzten Jahr in Originalbesetzung sechs neue Tracks im Stile des alten Tapes aufgenommen. Auch die sind auf „juce/danas.yesterday/today“ enthalten. Von der erheblich besseren Klangqualität der neuen Aufnahmen abgesehen, ist dabei ein wunderbar homogenes Minimalalbum herausgekommen. Toll!
Zwei Jahre nach dem letzten regulären Album meldet sich die Wahlberlinerin „Anika“ mit einem besonderen Projekt zurück: „eat liquid“ ist eine Live Aufnahme einer Performance im Zeiss Planetarium in Berlin vom Februar 2023. Die Musik wurde extra dafür konzipiert und hat improvisierten Charakter. Die elf Tracks gehen entsprechend alle ohne erkennbaren Cut in einander über. Nicht nur wegen „Anika“s an „Nico“ erinnernden Gesanges drängen sich beim Hören gleich Assoziation zu „Velvet Underground“s Debüt auf. Der Gitarrensound und die Spielart sind offensichtlich an Lou Reed angelehnt. Dazu gibt es Synthie Flächen und Sounds – und: Kein Schlagzeug. Das Konzept eines schwebenden Zustands in Raum und Zeit scheint perfekt umgesetzt. Dieses Album ist besonders und will durchgehört werden! Zu hören ist „eat liquid“ auf „Anika“s Bandcamp Seite. Die auf 500 Exemplare limitierte Vinyl Version gibt es exkusiv(!) beim Kulturhaus Dussmann in Berlin.
Das ist ja eine feine Endteckung dank Torsten von der Lost Places Party: Die spanische Band „Grado 33“ hat 2002 eine einzige CD veröffentlicht. Viel Infos gibt es leider nicht. Das Album selber hat es aber in sich und es verwundert: Es ist zu einer Zeit erschienen, als alle Welt mit Electro Clash beschäftigt war. Gleichzeitig liefert das Duo(?) „Grado 33“ hier ein authentisches Neo Minimal Album ab, wie man es eigentlich erst einige Jahre später erwartet hätte. Liebevoll gestaltete Sounds legen sich über schöne Minimaltracks, die teils an schrottige 80er Tapes erinnern. Tipp!