Das feine Label Kernkrach ist ja durchaus bekannt dafür, Singles von kleinen obskuren Bands zu veröffentlichen, die sich dann zu gesuchten Schätzen entwickeln. Die bisher einzige Single von „Akkumuller“ könnte eine solche sein. Die erste Seite ist treibender Synthpop. Die zweite ein EBM-beeinflusster, repetitiver Dancefloorstampfer. Das werden wir sicher noch öfter zu hören bekommen!
P.S.: Man munkelt, Doc Kernkrach selber hätte seine Finger im Spiel…
Das Projekt „B.E.F.“ ist höchst interessant, war es doch eine Art Übergangsprojekt zwischen zwei Legenden – nämlich „Human League“ (die die beiden Protagonisten kurz zuvor verlassen hatten) und „Heaven 17“, die sie etwa zeitgleich mit gründeten. Zwar abreiteten sie nach 1982 noch mit etlichen Künstler*innen an Alben unter dem Namen „B.E.F.“. Zu zweit veröffentlichten sie aber nur eine EP 1981 („music to listen to„) und 1982 das Album „music for stowaways“. Das enthielt alle Titel der EP und wurde noch durch weitere ergänzt. Damals erschien das Album nur als Promo Vinyl und als Tape. Im April gibt es nun erstmals ein offizielles Release als LP plus CD! Die Tracks von „B.E.F.“ sind instrumental. Man hat ein wenig den Eindruck, als würden sich die beiden hier austoben. Denn die Stücke driften des öfteren ins Experimentelle ab. Spannend zudem die instrumentale Urversion(?) von „groove thang“ – jenem legendären „Heaven 17“ Song.
„Obsolenia“ ist ein Ein-Mann-Projekt aus Mexiko und seit drei Jahren aktiv. Bisher gibt es einige digitale Releases. Die DIY Synthwave Releases entwickeln gerade wegen des kruden Sounds einen charmanten eigenen Charme. Gerade ist die neue EP „avanzar – reinicar“ erschienen. Einige der Tracks haben durchsaus Hitpotenzial. Da geht noch was!
Ach, was für eine schöne Platte zum anstehenden Frühl.. äh, Herbst. Klar, klingt irgendwie nach Plattitüde; Frühlingsscheibe, Herbstplatte… ist auch richtig, will ich hier auch gar nicht komplett ausreizen. Und doch ist da auch etwas dran. Manche Alben gehen eben eher nach vorne, aus sich raus, sind übersprießend und euphorisch, ausgelassen und expressiv. Andere dagegen schauen eher nach innen, sind anders emotional, wehmütig, eher zurückgenommen und entschleunigend. Und bei letzterem kommt nun -nach immerhin 9 Jahren Releasepause- das neue „Talking To Turtles“ Album „and what’s on your mind“ ins Spiel. Wenn das Duo alleine durch seinen Albumtitel nicht zur Introspektion einlädt, ja auffordert, dann weiß ich auch nicht… und liefern mit einer unglaublichen Lässigkeit gleich noch den passenden Soundtrack dazu. Tatsächlich besticht dieses vierte Album der „Talking To Turtles“ durch eine große Unaufgeregtheit bei gleichzeitiger eher introvertierter, bisweilen auch melancholischer Tiefe. Und das dann im Kombi mit hochwertigem Songwriting -bei dem sogar mehr als eine Ohrwurmmelodie abfällt- und unterhaltsamen abwechslungsreichen folkpoppigen Arrangements… ergibt auf jeden Fall die erste wirklich großartige Herbstscheibe in diesem Jahr ;))
Sehr gut. Das zwölfte Album und kein bisschen leise! Warum auch, die Welt torkelt von Krise zu Krise und in UK klopft eine rechtslibertäre Regierung weiter ungeniert die Steine der britischen Gesellschaft auseinander. Vollkommen angemessen, dass die „Sleaford Mods“ wütend sind und überaus gesund, dass sie diesen ohnmächtigen Ärger nach außen tragen und in ihren Texten verarbeiten. Aber so unveränderlich die Verhältnisse gerade scheinen, so minimal und (meistens auch) roh die Arrangements des Nottinghamer Duos von je her waren, so ist doch gleichzeitig eine fortwährende musikalische Bewegung zu beobachten. Andrew Fearn fügt ihrer reduzierten Rezeptur auch auf „uk grim“ weitere interessante Einflüsse aus Dub und Hip Hop hinzu und nimmt das Tempo hier und da weiter raus, während James Williamson seine gesprochenen Vocals zunehmend verfeinert und variiert und all das steht den Mods ausgesprochen gut zu Gesicht. Anders gesagt, wenn es sogar die „Sleaford Mods“ schaffen, ihrem Minimalismus organische Fortschritte abzutrotzen, ja zu erkämpfen, gibt es auch in anderen Zusammenhängen Hoffnung auf Entwicklung und Veränderung in die richtige Richtung. Daher, nicht vergessen, „die letzte Schlacht gewinnen wir„!
Wieder einmal hat das Label Minimalkombinat einen wahren Schatz aufgetan: Dieses Mal die schwedische Band „Northern Electric“. Sie war von 1999 bis 2007 aktiv und veröffentlichte selber nur ein paar CDrs. Die Musik vermengt Synthpop mit Minimal und EBM-Elementen. Die Songs überzeugen mit wirklich guten Melodien und druckvollen Arrangements. Die nun gerade erschienene Doppel-LP plus CD umfasst Tracks aus der gesamten Schaffensphase der Band und ist – wie bei Minimalkombinat üblich – limitiert. Und zwar auf 125 Exemplare. Das macht das Ganze zwar leider etwas hochpreisig, ist es aber absoult wert. Und als Gimmick prangt auf dem Frontcover ein echter Taschenrechner…
Vor zwei Jahren wünschte ich mir ein Reissue dieser irren Underground NDW Platte. Denn das Original ist einerseits eine schlecht klingende Picture LP und andererseits quasi nicht zu bekommen. Nun hat das feine Label Minimalkombinat den Künstler aufgetan und hat von den Originalbändern ein Reissue als LP plus CD veröffentlicht. Also gibt es nun erstmals eine Veröffentlichung auf CD und gleichzeitg erstmals als gute LP. Eine kleine Senasation! Bei einer Auflage von 177 sollte man da wohl schnell zugreifen…
Das britische Projekt „Years Of Denial“ ist seit 2016 aktiv und konnte sich in der Zeit seither einen Namen mit kantigen, düster-sperrigen EPs machen. Das Debüt Album „suicide disco“ von 2019 gab sich dann song- und zugleich cluborientierter. Ende des Monats erscheint der zweite Teil – „suicide disco – volume 2„. Das Album ist ähnlich brutal düster wie Releases von „ADULT.“ – das aber weniger technoid und wartet stattdessen mit Industrial auf. Spannende Platte!
Vor zwei Jahren waren die US Amerikaner „Trees Speak“ die neue Entdeckung für mich. Anno 2023 sind sie mit einem neuen Album zurück. Sie schließen auf „mind maze“ direkt an das Vorgängerwerk an. Wieder gelingt es ihnen, krautige und cineastische Elemente der letzten 50 Jahre gekonnt zu verbinden, ohne sich in ziellosen Improvisationen zu verlieren. Manche Tracks sind dann so kurz, dass sie skizzenhaft bleiben. Da aber fast alle Stücke in einander übergehen, macht das nichts. Zum Ende hin geben akkustische Arrangements und ein Saxophon dem Album noch einen leicht jazzigen Drive. Schöne, atmosphärisch dichte Platte!
Cosey Mueller – besser bekannt als Sängerin der allseits gehypten „Das Das“ – ist ja seit zwei Jahren auch solo unterwegs und weiß sogar noch mehr zu überzeugen als mit der Band. Gerade hat sie mit „irrational habbits“ ihr zweites Album digital veröffentlicht. Früh 80er DIY Sound und Minimal im Stile von Getrud Stein weiß sie mit „Suicide“ zu einem feinen tanzbaren eigenen Sound zu verbinden. Mit „innen ohne“ dürfte sie den Dancefloor Stampfer des kommenden Sommers abgeliefert haben. Nun fehlt bitte nur noch eine physische Veröffentlichung…!